Giuliani pop

Santino Garsi da Parma: Lautenwerke
Gesamtausgabe in Tabulatur und Übertragung
hrsg. v. Dieter Kirsch
Bachformat (230 x 305 mm), 120 S., davon 43 S. Faksimiles der handschriftlichen Quellen, kart., Fadenheftung

G&L 148

Dass – mehr als vierzig Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs – eine Neuausgabe der Werke des Lautenisten Santino Garsi da Parma Wirklichkeit wird, in der auch die ehemaligen Berliner Handschriften Mus. ms. 40032 und 40135 als Reprint erscheinen, wird denen, die das Schicksal dieser Handschriften kennen, beinahe wie ein Wunder vorkommen. Denn seit Kriegsende galten diese Handschriften als verschollen.

Schon während des Zweiten Weltkriegs waren sie zusammen mit anderen Musikalien aus der Preußischen Staatsbibliothek ausgelagert worden, in der Hoffnung, dass sie in ländlicher Abgeschiedenheit die Kriegswirren sicherer überstehen würden. Als nach Kriegsende die so verteilten Bestände wieder gesammelt wurden, zeigte sich, dass neben einigen verschmerzbaren Verlusten der größte Teil des Auslagerungsgutes durch diese Aktion tatsächlich vor der Zerstörung gerettet worden war. Nicht zu verschmerzen war jedoch, dass mehrere nach Schlesien verbrachte Bücherkisten – sie enthielten neben Autographen der „Großen” der Musikgeschichte (z. B. Mozarts „Zauberflöte”, Beethovens „Neunte”) auch den größten Teil der Tabulaturhandschriften – nicht wieder aufgefunden werden konnten, obwohl man aus zuverlässiger Quelle wusste, dass sie zu Kriegsende unbeschädigt in Kloster Grüssau eingelagert und später mit unbekanntem Ziel abtransportiert worden waren.

Die Lautenisten dürfen es als Glücksfall ansehen, dass die ehemaligen Berliner Tabulaturen zusammen mit so prominenten Werken der Klassik verschollen waren. Denn so wurde die Suche nach den verloren gegangenen Musikschätzen, die bald nach 1945 einsetzte, ungleich intensiver betrieben. Vor allem die Herausgeber der Neuen Mozart-Ausgabe, und unter ihrem Einfluss nicht nur Musiker und Musikologen, sondern auch Diplomaten und Journalisten aus aller Herren Länder, ließen keine Anstrengung unversucht, den Aufenthaltsort der vermissten Autographen ausfindig zu machen.[1] Erst im Jahr 1977 lüftete sich der Schleier, als der Erste Sekretär des Zentralkommitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, Edward Gierek, einige wichtige Mozart-, Beethoven- und Bach-Autographen anlässlich eines Staatsbesuches in Ost-Berlin als Gastgeschenk überreichte. In den folgenden Jahren bestätigte sich, dass die Biblioteka Jagiellonska, die Krakauer Universitätsbibliothek, die lange vermissten Bände der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek beherbergt.