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Franz Schubert A Sentimental JourneyFranz Schubert: A Sentimental Journey
Duo Morat-Fergo, Romantic Viennese Guitars
Aufgenommen im Februar 2018, erschienen ℗ 2018
CHALLENGE RECORDS CC 72791
… mit sensationellem Erfolg …

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Klaviermusik von Franz Schubert wird nicht unbedingt von Gitarrenduos favorisiert, wenn es darum geht, Spielmaterial  für die eigene instrumentale Besetzung auszusuchen und zu transkribieren. Nicht, dass Raoul Morat und Christian Fergo – sie bilden das  Duo Morat-Fergo – die Ersten wären, die sich an die „Moments musicaux“ op. 94 oder  an die „Valses sentimentales“ herangemacht hätten, keineswegs, aber häufig hört man sie nicht! Die einschlägigen Kataloge verzeichnen dazu unter „Schubert, Franz“ nur wenige erschienene Ausgaben. Erstaunlich eigentlich, denn die CD von Morat-Fergo beweist, dass sich die Klaviermusik von Schubert hervorragend für Bearbeitungen für Gitarre oder für zwei Gitarren eignet … und das hat übrigens auch Francisco Tárrega (1852–1909) schon erkannt. Schon er hat nämlich eine Handvoll kleinerer Kompositionen von Schubert in Übertragungen für Gitarre herausgegeben, darunter den „Moment musical“ op. 94 Nº 3, den Morat-Fergo jetzt in ihrer Version für zwei Gitarren vorführen … mit sensationellem Erfolg übrigens, weil sich gerade dieses kleine Werk sehr gut in der Version für zwei Gitarren macht. Sehr schön!
Schließlich berichten die beiden Gitarristen sogar, dass „Schuberts Lieder mit Gitarrenbegleitung aufzuführen […] schon immer [sic!] gebräuchlich“ war — schon zu Schuberts Zeiten. Er selbst hat eine Gitarre von Johann Georg Stauffer besessen. Sie war 1978 in der großen Schubert-Ausstellung der Stadt- und Landesbibliothek, Wien anlässlich des einhundertfünfzigsten Todestags des Komponisten ausgestellt. Ein großer Virtuose ist Franz Schubert auf der Gitarre wohl nicht gewesen, aber immerhin hat er ein Instrument besessen und vermutlich auch gespielt (Katalog der Ausstellung 1978 bei der Wiener UE unter UE 26230).

Als Liedkomponist wäre Schubert, der zudem eine Vorliebe für Buschenschänken in Grinzing oder Ottakring gehabt haben soll, mit einer Gitarre besser aufgestellt gewesen, als mit einem Klavier. Nicht nur hätte er auf diese Weise sein Begleitinstrument ständig mit sich führen können, es hätte zudem perfekt in die Umgebung der Schänken gepasst … wo übrigens heute noch allabendlich beim Heurigen mit instrumentaler Begleitung gesungen wird.
Was Schuberts Klavierkompositionen angeht und unter ihnen besonders die großformatigen Sonaten, sind sie nach seinem Tod viele Jahre in den internationalen Konzertsälen gemieden worden. Transkriptionen gibt es bis heute nicht und wird es vermutlich niemals geben. Die Sonaten eignen sich nicht als Transkriptionsvorlagen und schon gar nicht mit einer Gitarre als Zielinstrument.
Schuberts Wunsch, mit seinen Klaviersonaten aus dem Schatten des übermächtigen Beethoven herauszutreten, hat er jedenfalls nicht erreichen können. Dessen Klaviersonaten wurden gespielt, seine eigenen viele Jahre lang nicht. „Beethoven, gestorben am 26. März 1827, Schubert, gestorben am 19. November 1828 – Wer schafft uns eine neue Eroica? Wer frische Müllerlieder? Das Reich der holden Musica, so glanzvoll kehrt es nimmer wieder!“ schrieb Eduard von Bauernfeld (1802–1890) resignierend in sein Tagebuch, als Schubert weniger als zwei Jahre nach Beethoven starb (zitiert jedenfalls das Magazin „Rondo“ im Internet).
Das Duo Morat-Fergo hat für seine Schubert-CD kleinere Klavierwerke von Franz Schubert ausgewählt und damit das Repertoire für zwei Gitarren deutlich bereichert: drei Impromptus op. 90, sechs Moments musicaux op. 94 und dreizehn Valses sentimentales op. 50. Die Duo-Partner haben sich – nebenbei bemerkt – während ihres Studiums bei Frank Bungarten an der Musikhochschule in Luzern kennengelernt. „Die Faszination für Schuberts Musik und der Wunsch diese zu spielen, war der Anfangspunkt des Duos. Die erste Bearbeitung – die Moments Musicaux op. 94 – überzeugt mit erfrischenden klanglichen Möglichkeiten und Schattierungen“.
Dass die Interpreten vorliegender CD eine gewisse Leidenschaft für Schubert und seine Musik hegen, können sie nicht verbergen – im Gegenteil! Sie bemühen sich beispielsweise, dem Klang des Klaviers der Schubertzeit so nah‘ wie eben möglich zu kommen – unter anderem, weil sie Akkorde fast durchgehend nicht arpeggieren, sondern ‚geschlossen‘ spielen und damit vom leider typisch zu nennenden Gitarrenklang abweichen. Das mag sich banal anhören, ist es aber insofern nicht wirklich, als sich bei Gitarristen seit vielen Jahren Interpretationseigenarten etabliert haben, für die gern Andrés Segovia und seine Epigonen verantwortlich gemacht werden. Aber mindestens das Duo Morat-Fergo ist weit davon entfernt, solchen selbst schon antiquierten musikalischen Traditionen zu folgen. Sie spielen sensibel phrasierend und artikulierend und erinnern mit der klassischen Ausrichtung ihres Spiels an Interpretationen ihres Lehrmeisters Frank Bungarten. Was kann man mehr sagen?