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IMG 0760 KLEINNarciso Yepes: The Complete Concerto Recordings
Verschiedene Orchester und Dirgenten
Werke von Salvador Bacarisse; Mario Castelnuovo-Tedesco; Mauro Giuliani; Ernesto Halffter; Maurice Ohana; Joaquín Rodrigo; Antonio Ruiz-Pipó; Heitor Villa-Lobos; Antonio Vivaldi
Aufgenommen zwischen 1969 und 1979, Sammlung erschienen 2016

Deutsche Grammophon (5 CDS und Booklet in vier Sprachen in Kassette) 00289 479 5467
… gehört in jede Plattensammlung …

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Die älteste Aufnahme im Rahmen dieser Anthologie ist die des „Concierto de Aranjuez“ und der „Fantasía para un Gentilhombre“ von 1969. Neben dem Solisten Narciso Yepes (1927–1997) wirkten dabei das Orquesta Sinfónica de Radiotelevisión Española und der Dirigent Odón Alonso mit.

Das Concierto hat Rodrigo 1939 komponiert, es ist am 9. November 1940 in Barcelona uraufgeführt und Ende der vierziger Jahre von Regino Saínz de la Maza und dem Orquesta Nacional de España unter Ataulfo Argenta erstmalig eingespielt worden (Columbia, drei 78er Platten). Das Konzert wurde rasch weltweit bekannt und von vielen Gitarristen an- und aufgenommen … auch von Narciso Yepes, der das Werk schon 1956 erstmalig eingespielt hat. 1969 und 1978 hat es Narciso Yepes für die Deutsche Grammophon aufgenommen und beide Aufnahmen haben ihren Weg in die neue Sammlung gefunden. 1978 waren das English Chamber Orchestra dabei und der Dirigent Luis Antonio García Navarro.

1975 entstand die Aufnahme der „Tablas para guitarra y orquesta“ von Antonio Ruiz-Pipó (1934–1997) zusammen mit dem London Symphony Orchestra unter Rafael Frühbeck de Burgos. Yepes hatte dieses Werk angeregt und 1973 uraufgeführt. Zusammen mit den beiden Konzerten von Salvador Bacarisse (1898–1963) und Ernesto Halffter (1905–1989) liegt damit ein breit gefächertes Spektrum an spanischen Konzerten für Gitarre und Orchester vor … und das wurde durch die Werke von Joaquín Rodrigo noch erweitert. Leider werden aber nur die Konzerte von Rodrigo regelmäßig aufgeführt.

Das neoromantische „Concertino para guitarra y orquesta en la menor“ op. 72 gilt heute als das berühmteste Werk von Salvador Bacarisse – nicht zuletzt vermutlich, weil es durch Vermittlung von Narciso Yepes und aufgrund seiner Verträge mit der Deutschen Grammophon von respektablen Orchestern und bekannten Solisten aufgeführt werden konnte. Aber dem Concertino ging es nicht anders, als den meisten Werken für diese Besetzung: Sie wurden, weil es ja meistens im Voraus bezahlte Auftragskompositionen waren, uraufgeführt und danach vom Widmungsträger ein paar mal gespielt … um in Vergessenheit zu geraten. Das war oft traurig … aber nicht immer! In den Jahren nach 1990 kam dazu, dass die Uraufführungen oft nicht erstklassig waren, weil sich zunehmend mittelmäßige Gitarristen mit wohlhabenenden Verwandten Orchester aus dem Südosten Europas charterten, um ihre gemeinsamen musikalischen Großtaten an Labels zu verkaufen und damit Karriere zu machen.

Das „Concerto for Guitar and Orchestra“ von Ernesto Halffter ist kühner als das von Bacarisse – harmonisch, rhythmisch und formal. Und doch bleibt es traditionell spanisch. Halffter bezieht sich in seinem Konzert auf traditionelle spanische Vorlagen, allerdings ohne sich bei Flamenco-Elementen zu bedienen, die nur indirekt spanische Folklore sind. Viele Komponisten haben sich bei der Musik der Gitanos bedient, wenn es darum ging, Spanien musikalisch darzustellen … dabei kann man deren Musik, den Flamenco, keineswegs als allgemeinspanisches kulturelles Eigentum werten. Er war und ist die Musik der Gitanos und der Sephardischen Juden, die in Andalusien ansässig waren.

Aber bei allen neuen, sogar „modernen“ Konzerten diese Sammlung, die allesamt relativ selten zu hören sind, ist mir eines der älteren Werke am liebsten: das Konzert A-Dur op. 30 von Mauro Giuliani nämlich. Es wird hier dargeboten von Yepes mit dem English Chamber Orchestra unter Luis Antonio García Navarro und es ist, selbst bei Einwänden gegen einen zu kompakten, obertonbeschränkten Gesamtklang, für mich der musikalische Höhepunkt. Die Aufnahme ist von 1978, also fast vierzig Jahre alt, aber Narciso Yepes spielt so präzise und pointiert, wie man es anderswo nicht zu hören bekommt. Sehr schön!

Narciso Yepes' Sammlung von Konzerten mit Gitarre gehört in jede Plattensammlung! Auch, wenn man sein arg präzises, von wenig Leidenschaft inspiriertes Spiel nicht mag – Narciso Yepes war ein großer Musiker, dem hier zudem kongeniale Kollegen an die Seite gestellt sind. Bravi!